Das Wichtigste in Kürze:

  • Um den Patentschutz einer nationalen Patentanmeldung auf weitere Länder zu erweitern oder nationale Nachanmeldungen vorzunehmen, wird das Recht auf Priorität beansprucht.
  • Den Anmeldetag einer Patentanmeldung bezeichnet man auch als Prioriätstag. Er ist maßgebend für die Festlegung des Stands der Technik.
  • Nach dem Prioritätsrecht dürfen prioritätsbasierende Nachanmeldungen den Prioritätstag, also den Anmeldetag, der ersten (pioritätsbegründenden) Patentanmeldung übernehmen.
  • Man unterscheidet zwischen nationalen bzw. inneren und internationalen Prioritäten, also zwischen nationalen und internationalen Nachanmeldungen.

Was bedeutet „Priorität“ bei Patenten?

Das Recht auf Priorität ermöglicht es einem Patentinhaber, bei einer (ausländischen oder inländischen) Nachanmeldung das Anmeldedatum seiner erstmaligen Patentanmeldung anzugeben. Die Nachanmeldungen werden folglich so behandelt als wären sie zum Zeitpunkt der ersten Patentanmeldung eingereicht worden. Der Anmeldetag der ersten Patentanmeldung, also der Prioritätstag, ist maßgebend für den jeweiligen Stand der Technik, der für die Beurteilung der Patentanmeldung hinsichtlich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit entscheidend ist.  

Zur Erinnerung: Eine Erfindung muss neu sein, um patentiert werden zu können. Sie gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik zählt. Sie muss ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und darf somit für einen Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik hervorgehen.

Der Stand der Technik umfasst alle Erkenntnisse (z.B. bereits bestehender Patente), die vor dem Anmeldetag der jeweiligen Erfindung bereits veröffentlicht waren. Es zählt hierbei jede Art der Veröffentlichung – ob schriftlich, mündlich, durch Benutzung oder Ausstellung - unabhängig davon, wo auf der Welt sie erfolgt ist.

Das Prioritätsrecht bei Nachanmeldungen des Patentes garantiert somit, dass die erste Patentanmeldung für die Nachanmeldung nicht zum Stand der Technik gehört. Andernfalls könnte eine Nachanmeldung nicht mehr als neu bewertet werden und somit auch nicht auf weitere Länder ausgeweitet werden.

Beispiele für innere Priorität  

Fallbeispiel 1: Ein Erfinder hat eine Idee. Ein paar Tage später fliegt er zu einer Konferenz und möchte diese Idee vorstellen - also veröffentlichen. Um durch diese Veröffentlichung nicht die Chance auf ein Patent zu verlieren, reicht sein Anwalt am Tag vor der Konferenz noch eine Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) ein. Aufgrund des Zeitdrucks ist diese Anmeldung nicht gänzlich ausformuliert und beschreibt lediglich eine Ausführungsform der Erfindung. Da die Resonanz bei der Konferenz durchweg positiv war, entwickelt der Erfinder im Laufe der nächsten Wochen die Idee weiter. Daraufhin beschließt er, die weiterentwickelte Idee sowie weitere Ausführungsbeispiele ,die er noch nicht veröffentlicht hat, zu schützen. Die zweite Anmeldung soll ebenfalls beim DPMA eingereicht und die Priorität der ursprünglichen Anmeldung beansprucht werden. Der Anmeldetag der ersten Patentanmeldung soll demnach für die Nachanmeldung übernommen  werden. Da beide Anmeldungen Wirkung in Deutschland haben, spricht man von der "inneren Priorität". Die Priorität gilt dabei lediglich für den Teil der zweiten Anmeldung, der bereits in der Erstanmeldung offenbart wurde. Für alle anderen Teile gilt der Anmeldetag der Nachanmeldung.

Wichtig: Eine „innere Priorität“ führt dazu, dass die erste Anmeldung als zurückgenommen gilt und nur die zweite Anmeldung weiterverfolgt werden kann.

Fallbeispiel 2: Bei einer Anmeldung zu einer Erfindung wird (unbeabsichtigt) bereits ein Teilbereich einer weiteren, mit der Erfindung der ersten Anmeldung verbundenen Erfindung offenbart. Entschließt sich der Anmelder, die weitere Erfindung anzumelden, kann die innere Priorität der ersten Anmeldung beansprucht werden. Somit können beide Erfindungen in einer neuen Anmeldung eingereicht werden. Auch wenn diese zwei Erfindungen enthält und damit uneinheitlich (also in dieser Form nicht erteilbar) ist, besteht die Möglichkeit, durch die Teilung der Anmeldung im Prüfungsverfahren beide Erfindungen anhand zweier verschiedener Schutzbereiche weiterzuverfolgen. Auf diese Weise kann das Problem, dass die eine Anmeldung einen Stand der Technik für die andere Anmeldung darstellt, gelöst werden.  

Priorität bei Nachanmeldungen im Ausland

Soll eine Deutsche Patentanmeldung im Ausland nachangemeldet werden, so kann ebenfalls Priorität beansprucht werden. Dadurch wird der Anmeldetag der Deutschen Patentanmeldung bei den Nachanmeldungen übernommen. Aufpassen muss man bei der internationalen PCT-Anmeldung (Patent Cooperation Treaty). Wenn eine deutsche Anmeldung existiert, deren Priorität bei einer PCT-Nachanmeldung in Anspruch genommen werden soll, muss explizit erklärt werden, ob die PCT-Anmeldung später auch zu einem deutschen Patent führen soll oder nicht. Wird dies bejaht, greift bei Eintritt der Anmeldung in die nationale Phase in Deutschland automatisch die innere Priorität und die erste Anmeldung gilt als zurückgezogen.

Das Prioritätsrecht bietet Anmeldern, die einen internationalen Patentschutz anstreben, einen entscheidenden Vorteil : eine Erfindung kann erstmal national angemeldet werden (bspw. beim DPMA). Ist der Erstbescheid positiv, kann davon ausgegangen werden, dass ein Patent in einem für den Anmelder sinnvollen Umfang erteilt wird. Im zweiten Schritt können die Nachanmeldungen im Ausland eingereicht werden. Das Risiko, dass kein oder lediglich ein unnützes Patent erteilt wird, kann dabei verringert werden, da das Deutsche Patent- und Markenamt bereits nach dem Stand der Technik recherchiert hat und keine derart schädliche Veröffentlichung gefunden hat, welche der Erteilung  entgegenstehen würde. Allerdings kann ein Restrisiko, dass Veröffentlichungen der Patentanmeldung im Wege stehen, nicht gänzlich vermieden werden.,Es kommt durchaus vor, dass das Amt bei der Recherche eine Veröffentlichung, die der Erteilung des Patentes im Wege steht, übersieht. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, dass diese Veröffentlichung im Prüfungsverfahren der anderen Länder berücksichtigt wird und somit eine Erteilung in diesem Land verhindert.

Gäbe es das internationale Prioritätsrecht nicht, müssten weltweit alle Patente in allen Ländern gleichzeitig eingereicht werden, um sich nicht gegenseitig als Stand der Technik entgegenzustehen. Dadurch würden gleichzeitig in allen Ländern die entsprechenden Kosten für die Prüfungsverfahren anfallen.  

Dies wiederum würde für den Anmelder zu zwei Nachteilen führen:  

1. Hohe finanzielle Belastung, da die Kosten vom Zeitraum her nicht aufgeteilt werden können,  

2. Hohes (finanzielles) Risiko, da bei einem nicht erteilbaren Patent die Kosten für die ausländischen Nachanmeldungen möglicherweise umsonst waren.  

Wer kann ein Prioritätsrecht beanspruchen?

Jeder, der ein Patent angemeldet hat, kann das Prioritätsrecht beanspruchen. Dies gilt übrigens auch für Gebrauchsmusteranmeldungen.

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