Wer ein Produkt vor Wettbewerbern schützen will, denkt meistens zuerst an Patent- oder Markenschutz. Doch in einigen Fällen führt der Weg zum Erfolg über ein ganz anderes Schutzrecht – das Design und insbesondere das Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Ähnlich wie bei einer Unionsmarke handelt es sich bei dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster um ein gewerbliches Schutzrecht, das einen einheitlichen Schutz für die gesamte EU ermöglicht. Was genau das ist und wann ein solches Schutzrecht sinnvoll ist, erklärt dieser Artikel. 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster schützt die äußere Erscheinungsform eines Produktes (bzw. eines "Erzeugnisses"). Die Erscheinungsform muss allerdings neu sein und eine Eigenart aufweisen.
  • Man unterscheidet zwischen eingetragenen und nicht-eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmustern. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Varianten liegt in der Durchsetzbarkeit, Laufzeit und Erfolgschance des Schutzrechtes.
  • Die Dauer des Schutzrechtes beträgt 3 Jahre bei einem nicht-eingetragenen und bis zu 25 Jahre bei einem eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Die Laufzeit beginnt mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung ("Offenbahrung") bzw. ab dem Anmeldetag.

Was ist ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster? 

Definition: Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist ein gewerbliches Schutzrecht, das die äußere Erscheinungsform eines Produktes innerhalb der gesamten EU vor Wettbewerbern absichert. Der Schutzumfang erstreckt sich also „gemeinschaftlich“ und einheitlich über alle EU-Länder. Lange Zeit wurde der Begriff „Geschmacksmuster“ auch im Deutschen Recht verwendet, bis dieses in Design bzw. in “eingetragenes Design” umbenannt wurde und entsprechend im "Designschutz" behandelt wird.  

Das Geschmacksmuster grenzt sich in einigen Punkten von anderen gewerblichen Schutzrechten ab. Während ein Patent beispielsweise eine technische Erfindung schützt, bezieht sich das Geschmacksmuster auf die äußere Erscheinung eines Produktes.  

Beispiel: Ein neuartiges Fahrrad der Firma Superbike soll europaweit vermarktet werden. Durch ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster wird das Design des Fahrrads in ganz Europa geschützt. Das bedeutet, dass kein anderes Unternehmen ein Fahrrad auf den Markt bringen darf, dessen „Gesamteindruck“ (also alle äußerlichen Merkmale zusammengenommen) derselbe ist. Geschützt werden kann z.B. lediglich der Rahmen, welcher schwarz mit neon-gelben Streifen ist, oder auch ein komplettes Fahrrad mit eckigen Reifen. So sichert sich die Firma Superbike mit dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster einen Wettbewerbsvorteil, indem Konkurrenten das Herstellen, Anbieten und Vertreiben eines Fahrrads mit genau diesem geschützten Design bzw. hier dem farbigen Muster untersagt werden kann. Ob das gewählte Design technisch sinnvoll ist, ist für das Geschmacksmuster egal – es könnte ja auch einfach nur zur Dekoration dienen. 

Zum Vergleich: Das Fahrrad von Superbike hat nicht nur ein einzigartiges Design, das viele Konkurrenz-Unternehmen kopieren könnten, sondern beinhaltet auch eine völlig neuartige Technologie der Bremstechnik, Die so bislang nicht bekannt ist. Hier greift der Schutz des Geschmacksmusters nicht. Superbike meldet zusätzlich noch ein Patent auf die technische Erfindung an, die auch die Bremstechnik vor der Nachahmung durch Wettbewerber schützt - Elemente, deren Erscheinungsbild rein technisch bedingt ist, sind vom Schutz durch Geschmacksmuster ausgeschlossen. 

Besonderheiten (eingetragene vs. nicht-eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster) 

Gemeinschaftsgeschmacksmuster gibt es sowohl in eingetragener als auch nicht-eingetragener Form. Bei beiden Varianten hat das Gemeinschaftsgeschmacksmuster immer einen Bezug zu dem jeweiligen Produkt. Ein Design oder eine äußere Erscheinungsform kann also nicht abstrakt, losgelöst von einem Produkt geschützt werden. Ein solches Produkt, im juristischen Vokabular „Erzeugnis“ genannt, umfasst hierbei alle industriell oder handwerklich hergestellten Gegenstände (Verpackungen, grafische Symbole oder Schriftarten mit eingeschlossen).  

Nicht-eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster entstehen automatisch, sobald das jeweilige Design nachweislich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht bzw. „offenbart“ wurde, z.B. durch internationale Ausstellungen, Zeitungsartikel oder andere Publikationen, die innerhalb der Europäischen Union für das relevante Fachpublikum zugänglich sind.

Mit dem Tag dieser sogenannten „Offenbarung“ beginnt der Schutz des nicht-eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters. Es ist hierbei kein Antrag beim Amt oder eine Gebührenzahlung erforderlich, was natürlich ein großer Vorteil ist.  

Allerdings bringt ein nicht-eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster im Vergleich zu einem Eingetragenen auch einige Nachteile mit sich. Es ist lediglich 3 Jahre (ab erster Offenbarung) gültig, während die Schutzdauer bei der eingetragenen Variante bis zu 25 Jahre ab Anmeldetag beträgt.    

Der wohl entschiedenste Unterschied liegt allerdings in der Durchsetzbarkeit des Schutzrechtes, falls es zu Streitigkeiten mit Wettbewerbern kommt. Die Erfolgschancen mit einem nicht-eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster sind geringer, weil der Inhaber folgende Punkte nachweisen muss:  

  • Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung (Offenbarung) | Dies gestaltet sich in der Praxis oft schwierig, da dieser Zeitpunkt häufig nicht genau bestimmt werden kann oder keine entsprechenden Nachweise archiviert wurden.  
  • Der relevanten Interessengruppe zugänglich | Neben dem Zeitpunkt muss auch nachgewiesen werden, dass das Gemeinschaftsgeschmacksmuster der relevanten Interessengruppe/ Branche (innerhalb der Europäischen Union) präsentiert wurde. Man spricht in dem Fall auch von „interessierten Fachkreisen“.  
  • Bezug auf Hauptmerkmale und Eigenart | Das Erzeugnis eines Dritten verletzt das eigene, nicht-eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster nur, wenn dessen Hauptmerkmale und Eigenart gleich sind. Ein nicht-eingetragenes Geschmacksmuster ist demnach im Grunde ein Schutz vor (mehr oder weniger identischen) Kopien.  
  • Vorsätzlich erstellte Kopie | Der Inhaber muss nachweisen, dass der Wettbewerber sein Gemeinschaftsgeschmacksmuster bewusst kopiert hat – also über das bestehende Produkt bzw. Erzeugnis Bescheid wusste und dieses absichtlich kopiert hat.  

 Im Vergleich dazu bietet ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster einen wesentlich besseren Schutzumfang, da es nicht nur quasi identische Kopien verbietet, sondern auch Erzeugnisse, die eine gewisse Ähnlichkeit haben. Es spielt zudem auch keine Rolle, ob der Verletzende mit seinem Produkt das Geschmacksmuster vorsätzlich oder unwissentlich (ähnlich) benutzt hat. Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster schützt in beiden Fällen. 

Voraussetzungen 

Um den Schutz durch ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster in Anspruch nehmen zu können, müssen  zwei Hauptvoraussetzungen erfüllt sein (gemäß Art. 4-6 der so genannten Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung):   

  1. Neuheit 

Die äußere Erscheinungsform eines Produktes gilt als neu, wenn bisher kein identisches Geschmacksmuster veröffentlicht wurde. Wichtig: Unterscheiden sich zwei Designs bzw. Geschmacksmuster lediglich in unwesentlichen Punkten, so gelten sie trotzdem als identisch. 

  1. „Eigenart“ 

Unterscheidet sich der Gesamteindruck zudem von anderen, älteren Geschmacksmustern, so ist die Voraussetzung der Eigenart erfüllt und einem Geschmacksmusterschutz steht nichts mehr im Wege.

Wann ist es sinnvoll, ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster anzumelden? 

 Der wirtschaftliche und damit vor allem finanzielle Schaden kann enorm sein, wenn ein Design bzw. Geschmacksmuster kopiert oder nachgeahmt wird. Nicht zuletzt, weil das Produktdesign häufig ein Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens sein soll.     

Mit einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster erhält man die rechtliche Grundlage, Dritten das Herstellen, Anbieten und Vertreiben von kopierten und/oder ähnlichen Erzeugnissen (in Bezug auf deren äußere Erscheinung, was man üblicherweise als das Design bezeichnet) verbieten zu können. 

Ob es ratsamer ist, das Gemeinschaftsgeschmacksmuster beim Amt (EUIPO) einzutragen oder es bei der nicht-eingetragenen Variante zu belassen, muss immer individuell beurteilt werden. Häufig werden Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht eingetragen, wenn es sich um schnell wechselnde Design-Variationen  handelt, wie z.B. in der Modeindustrie und anderen saisonalen Produktionen. In den meisten anderen Fällen kann eine Eintragung in das Register durchaus empfehlenswert sein, da die Gültigkeitsdauer wesentlich länger, der Schutzumfang breiter und die Durchsetzbarkeit/ Erfolgschance bei einer Verletzung durch Dritte wesentlich höher ist. Wer keinen Schutz in der gesamten EU benötigt, kann natürlich auch individuell in ausgewählten Ländern den Designschutz suchen.

Ein Patentanwalt kann hierbei umfassend  zu diesem und anderen gewerblichen Schutzrechten und den damit verbundenen Rechtsnormen beraten.  

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